Saja-Christin, das was du tust ist unglaublich spannend und auch sehr außergewöhnlich. Du inspirierst Menschen musikalisch, bist Künstlerin und mit Herzblut Couch und Seminarleiter. Was ist das übergeordnete Ziel deiner Arbeit?
Ich möchte Menschen empowern und inspirieren in ihre Kraft zu kommen und an sich selbst und ihre Schöpferkraft zu glauben. Das mag sehr spirituell klingen – am Ende bin ich einfach davon überzeugt, dass wir die Regisseure unseres Lebens sind. Das Leben selbst ist ein kreativer Prozess und unser Kunstwerk. Wir gehen los, scheitern, lernen, entscheiden, verwerfen, entscheiden neu, drehen um, gehen wieder los… Ziel meiner Arbeit ist es, eine Prise Leichtigkeit und Lebensfreude zu stiften, damit wir unser bestes Leben – unser Kunstwerk „Leben“ – erschaffen können. Als Teenager hat mich Shakespeare inspiriert, indem er sagt: „Und wenn das Leben ein Theater ist, dann such dir eine Rolle aus, die Dir so richtig Spaß macht.“ Ich mache mein Leben zu meinem Wunschkonzert. Und ich freue mich, wenn ich Menschen dazu inspirieren kann, ihr Leben zu ihrem Wunschkonzert zu machen.
Deine Musik wirkt unglaublich entspannend und trägt deine Hörer ja quasi davon in eine andere Welt. War dies immer bewusst dein Ziel mit deiner Musik?
Ursprünglich war die Musik mein Weg zu mir selbst. Mein Weg mich selbst zu spüren und mit meinem Inneren in Kontakt zu kommen. Mein Weg davon zu schweben, wenn ich singe und meine Stimme von der Harfe tragen lasse. Doch dann entdeckte ich etwas genauso Fantastisches: Ich berührte Menschen. Dass meine Musik die Seelen meiner Zuhörer erreicht, entspannend und empowernd auf viele Menschen wirkt, habe ich immer wieder als Feedback bekommen. Und natürlich freut es mich unglaublich, gerade weil die Aspekte Entschleunigung und Selbstfürsorge große Themen für mich selbst und in meiner Arbeit sind.
Das behandelst du ja auch in deinen Seminaren.
Richtig! Wir leben im absoluten Wohlstand und trotzdem ist das Thema Stress und Selbstausbeutung aus meiner Wahrnehmung eines der bedrohlichsten Themen unserer Gegenwarts-Gesellschaft. Das Tempo und das Getrieben-Sein, die Rastlosigkeit und der vermeintliche Perfektions-Druck unserer Zeit stehlen uns nicht nur unsere Gesundheit, sondern auch so unglaublich viel Lebensqualität. Achtsamkeit und Meditation in die eigene Lebensart zu integrieren, führt uns zu unendlich mehr Reichtum als auf irgendeiner Erfolg-Skala messbar oder materieller Ebene erreichbar.
Und daraus leitest du die Ziele für deine Programme ab?
Exakt. Mein Coaching Programm „Flow & Grow“ setzt genau dort an: in deine eigene Kraft und deinen eigenen Flow zu kommen, wieder in den Kontakt mit dir selbst zu kommen, zu spüren, wer du bist und wie und was du leben möchtest. Damit dein Leben wahrhaftig ist, damit du authentisch bist und authentisch lebst. Damit du der Autor deiner Geschichte bist und nicht der Angestellte deiner selbst. Wir sind rechtlich frei, aber innerlich und in unserem Mindset doch häufig so sehr gefangen. Es geht darum, innerlich frei zu werden.
Ein fantastisches Ziel! Hast du dich selbst immer schon innerlich so frei und leicht gefühlt?
Nein, schön wärs. Die Berufung des Singens und der Musik ist mir zwar quasi in die Wiege gelegt worden, aber die Berufung für mein Thema ist aus einer eigenen großen Krise und einem harten Wachstumsprozess entstanden. Und – man mag es kaum glauben: durch eine Postkarte.
Magst du darüber sprechen?
Ja, natürlich. Krisen zu erleben gehört in mein Leben wie in jedes andere auch. Als ich 15 war und mich mein erster Freund verließ und ich glaubte mein Leben sei leider schon nach kurzen 15 Jahren am Ende (Saja lacht) schenkte mir meine Mutter eine selbstgebastelte Karte, auf die sie geschrieben hatte: Die Chinesen drücken das Wort Krise mit zwei Schriftzeichen aus. Das eine bedeutet „Gefahr“, das andere „günstige Gelegenheit“! Diese Karte steht immer noch in meiner Vitrine und wie oft hatte ich sie in meinem Leben bereits in der Hand und dachte „Oh Mama, wie recht du hattest“. Meine größte Krise war am Ende die Gelegenheit, mich endlich selbst zu befreien und für mein Lebensglück einzustehen. In einer Zeit großer Erschöpfung, in der ich alles nur noch ganz langsam und total kraftlos konnte – das moderne Wort wäre wohl „Burnout“ –, lernte ich zusätzlich die Langsamkeit und die Ruhe zu schätzen.
Das klingt viel einfacher als es sicher war. Wie hast du denn diese Erlebensqualität erlangt?
Naja, erstmal war ich natürlich auch verzweifelt und vor allem empört über meine Kraftlosigkeit. Aber nach dem wichtigen Schritt der Akzeptanz konnte es bergauf gehen. Ich erinnere mich, wie ich bei einem Spaziergang eine perlmuttfarbene kleine Schnecke entdeckte, die ich in meinem alten Tempo niemals wahrgenommen hätte. Ich erinnere mich, wie ich plötzlich Geräusche hörte und die Melodie der Natur, an der ich all die Jahre zuvor vorbeigerannt bin. Meine wichtigste Essenz aus dieser Lebensphase: Ich schwor mir damals, so endlos ohne Energie am Boden liegend, dass sobald ich wieder in meiner Energie sein würde, ich sie nur noch für die Liebe, die Liebe zum Leben und für all das was ich liebe, investieren würde und nichts mehr davon verschenken oder leichtsinnig verspielen würde. Was auch bedeutete, dass ich aufhörte, mich selbst auszubeuten und lernte meine Grenzen abzustecken. Ich begann eine komplett neue Lebens-Art, wirklich im Sinne einer Lebens-Kunst, zu kultivieren und zu pflegen. Heute wissend um den unendlichen größten Schatz im Leben – die eigene Lebenskraft und Energie – lebe ich in ganz anderer Dankbarkeit und Demut dem Leben gegenüber und empfinde mich als mächtiger denn je, mich für Freiheit, Leichtigkeit und Lebensfreude zu entscheiden. Diesen Geist in die Welt zu tragen, ist seitdem meine Passion.
Und mit deiner Musik hast du dafür ja ein ganz fantastisches Sprachrohr.
Ja, absolut. Wenn auch mehr ein „Sing-Rohr“. (Saja lacht)
Und was hat es mit der geheimnisvollen Postkarte auf sich, die du erwähnt hast?
Ja, da soll noch mal einer was gegen Postkarten-Weisheiten sagen! (Saja lacht) Vor einigen Jahren war ich mit meiner Mutter auf Reisen an der irischen Westküste. Wir sind einige Tage von Künstler-Café zu Künstler-Café getingelt. Und in einem fiel mein Blick auf eine Postkarte. Auf der stand in buntem großen Schriftzug „CHOOSE HAPPY“. „Haha witzig“, dachte ich mir, „als ob Glücklich sein eine Entscheidung wäre“. Dieser Gedanke ließ mich nicht mehr los und legte in mir den Grundstein für ein völlig neues Lebensgefühl und eine neue Lebens-Art. Ich beschäftigte mich in den Jahren danach verstärkt mit der positiven Psychologie, was sowohl meine eigene Lebensweise als auch meine Arbeit weiter und weiter formte.
Wenn ich dich richtig verstanden habe, geht es Dir darum den Fokus auf das Schöne im Leben zu legen?
Als Künstlerin war mir „das Schöne im Leben“ schon immer wichtig und mein Fokus immer davon angezogen. Seitdem ich limitierende Glaubenssätze abgelegt habe wie: „Arbeit ist halt schwer etc.‟ ist mein Leben eine einzige Schönheit. Und genau darum geht es! Alle diese lähmenden gedanklichen Grenzen, unsere limitierenden Glaubenssätze und defizitären Selbst- und Weltbilder zu überwinden und kraftvolle Bilder zu erschaffen.
Saja, du bist „Artful Empowerment Coach“ und verbindest persönliche Weiterentwicklung mit Kreativität und künstlerischem Ausdruck. Was genau, würdest du sagen, sind die besonderen Potenziale deines künstlerischen Ansatzes?
Es ist dieses „Mehr an Freiheit“. In meinen Seminaren entsteht eine völlig andere Dimension. Losgelöst von gesellschaftlichen Zwängen oder Alltagsrollen entsteht hier Freiraum, um sich auszuprobieren, wild und verrückt zu sein, neue Persönlichkeitsanteile experimentell auszuprobieren. Wir arbeiten viel mit Mitteln aus dem Theater. Mit einer Art „Narrenfreiheit“ oder im Schutz einer Rolle lassen sich unbeschreibliche persönlichkeitsentwickelnde Erfahrungen machen. Der sich künstlerisch ausdrückende Mensch erlangt den sogenannten Flow-Zustand, er entsteigt dem Alltag, löst sich für eine Zeitlang aus der begrenzenden Zeit- und Raumwahrnehmung. Kraftquellen können aufgetankt werden. Sich künstlerisch auszudrücken ist Meditation! Die Gedanken schweigen und du bist ganz in der Achtsamkeit und im Flow. Das Gehirn wechselt von der Beta- auf die Alphafrequenz, auf der Intuition und Unterbewusstsein zugänglich sind. Durch das Erzeugen eines darstellerischen Ausdrucks wird Inneres sichtbar, hörbar, spürbar – erlangt also eine wahrnehmbare äußere Form. Wunderbare Wege also für kraftvolle Transformation.
Aber es ist gewiss nicht für jeden Menschen leicht, Zugang zu einem ungehemmten Selbstausdruck zu finden, oder?
Nein, zu Beginn häufig nicht. Weil wir als Kinder gelernt haben, dass künstlerisch sein etwas mit Talent und Begabung zu tun hat. Körperlich und vor allem auch stimmlich haben sich die meisten Menschen durch negative Erfahrungen oder Kommentare nicht frei entfalten können. Aber genau da setzt meine Arbeit an. Meine Lieblingsdozention sagte zu uns im Studium: „Leute, es ist eure Aufgabe, Menschen zur Erfahrung zu verführen.“ Es ist kaum zu beschreiben wie schön es ist, zu erleben, wie Menschen, die am Anfang des Seminars mit verschränkten Armen da standen und im Laufe des Seminars aufblühen, freimütig und befreit kreativ werden und du irgendwann im Raum die Funken und die Energie nur so sprühen spürst. Diese Freiheit, die da körperlich entfaltet wird, geht mit dem mentalen Frei-werden einher bis die Gruppe aus freigeistigen lebensfrohen Visionären besteht, die ihr Leben neu schreiben, singen, tanzen, spielen.
Und wie kam es dazu, dass du deine künstlerische Arbeit & das Thema Coaching verbunden hast?
Die kraftvollen Potenziale künstlerischen Ausdrucks habe ich in meiner Jugend durch meine eigene künstlerische Praxis erfahren. 2009 diplomierte ich darüber, wie Menschen in einem künstlerisch inspirierten Erfahrungsraum bzw. durch künstlerische Erfahrung persönlich wachsen und sich weiterentwickeln können. Ich saugte die Theorie euphorisch in mich auf und nach meinem Diplom-Praxisprojekt gab es für mich kein Halten mehr. Seitdem ist es meine Visionen und meine Mission künstlerisch inspirierten Raum für persönliches Wachstum, Selbstverwirklichung und die Gestaltung von Harmonie im Miteinander zu erschaffen. Schon als kleines Kind habe ich meine Gefühle beim Singen verarbeitet, damals natürlich unbewusst. Als Teenagerin dann auch im Songwriting und mit 17 wusste ich, dass ich die Kraft des Singens in irgendeiner Form meine Berufung ist und ich sie anderen Menschen auch zugänglich machen möchte. Dass ich meine Stimme mit der Harfe tragen möchte, war ein intuitiver Seelenwunsch, als ich die Harfe das erste Mal hörte. Ich spürte, dass meine Seele dann fliegen können wird, noch bevor ich die Harfe spielen konnte. Dass ich auch anderen Menschen Glück, ein Gefühl von Freiheit, Ruhe und Schwerelosigkeit durch das Hören meiner Musik würde schenken können, hatte ich nicht erahnt. Das wurde mir dann damals immer deutlicher durch die Rückmeldungen nach meinen ersten öffentlichen Auftritten mit Harfe und Gesang. Natürlich war ich hocherfreut über diese Wirkung meiner Musik und bin noch heute sehr dankbar dafür.
Und irgendwann hast du dann die Entscheidung getroffen „empowering Music“ zu machen?
Es war mehr ein organischer Prozess als eine bewusste Entscheidung. In meinen Songs vereinige ich die entschleunigende Wirkung meiner Musik mit inspirierenden Texten. Und dadurch entsteht eine Art „empowernde Musik“. In meinen Seminaren, Programmen und Vorträgen, die ja dieselben Ziele verfolgen, dienen die künstlerischen Ansätze – Musik, Stimme, Theater, also darstellende Kunst – als fantastische Instrumente mit denen meine Teilnehmer an ihrer persönlichen Weiterentwicklung arbeiten können. Und so entsteht für mich eine fantastische Einheit aus all dem, was ich dieser wunderschönen Welt geben kann und möchte, damit andere Menschen ihr Licht zum strahlen bringen und in die Welt tragen können.
Das heißt, das ist dein Kunstwerk, das du dir erschaffen hast?
Ja, und hier schließt sich am Ende der Kreis auch wieder hinsichtlich dessen, was ich am Anfang über kreative Prozesse gesagt habe. All das zu erschaffen und täglich wieder daran zu feilen, war auch ein Prozess des Wachsens, Kreierens, Scheiterns, Gestaltens. Und der Prozess ist lange nicht am Ende.
Das heißt in der Essenz: Jeder Mensch ist ein Künstler, der sein Leben gestaltet kann.
Exakt! Und so habe ich nun die schönste Berufung, die ich mir vorstellen kann – Menschen dazu zu inspirieren, freigeistig ihr eigenes Leben zu Ihrem Kunstwerk zu gestalten.